Movielabs-Fallstudie: Wie Yamdu die digitale Transformation der Vorproduktion vorantreibt

Rote Rosen, eine der erfolgreichsten Telenovelas in Europa, verlagert sein Drehbuch- und Produktionsmanagement in die Cloud.

Movielabs wurden von den großen Hollywood-Filmstudios gegründet, um innovative Lösungen für die Herausforderungen der Filmindustrie zu erforschen. Vor diesem Hintergrund hat die Forschungsgruppe die Vision 2030 entwickelt, die als Wegweiser für die Zukunft von Filmproduktion und kreativer Technologie dienen soll.

Seit 2022 veröffentlicht Movielabs Beispiele, in denen Teile der Vision 2030 bereits Wirklichkeit geworden sind. Im Rahmen einer Veranstaltung der Hollywood Professional Association veröffentlichte die Gruppe eine neue Fallstudie, in dieser wird beschrieben, wie die Internetanwendung Yamdu das Drehbuch- und Produktionsmanagement der Telenovela Rote Rosen in die Cloud beförderte.

Das Produktionshaus hinter Rote Rosen, Studio Hamburg Serienwerft (SHSW), führte Yamdu 2020 ein, um die digitale Transformation seiner Produktionsprozesse voranzutreiben und kann seit 2023 auch die sehr komplexe Drehbuchentwicklung mit Yamdu durchführen. Damit dient Yamdu als cloud-basierter Angelpunkt für die Herstellungsabläufe von der Entwicklung bis zur eigentlichen Produktion.

1. Wieso Rote Rosen in die Cloud wollte

Eine tägliche Sendung bedarf eines fabrikähnlichen Produktionsansatzes. Mehr als 120 Stabsmitglieder und 80 Schauspieler und Schauspielerinnen drehen je eine 45-minütige Folge an fünf Tagen in der Woche, was einem Drehblock entspricht. Während die Haupthandlungsstränge vor jeder Staffel konzipiert werden, müssen 40 Drehbuchautoren und -autorinnen wöchentlich alle Folgen eines Blocks mit drei Wochen Vorlauf für die Drehvorbereitung abliefern. Die Produktion der anderen Drehblöcke läuft währenddessen natürlich weiter.

Vor der Einführung von Yamdu haben die Autoren und Autorinnen einzelne Folgen entweder in Microsoft Word oder Cast & Crews Final Draft geschrieben und ihre Entwürfe und Drehbücher via E-Mails ausgetauscht. Bei jeder Änderung war dies von neuem nötig. Erst nach der Abnahme wurde die fertige PDF-Datei des Drehbuchs via E-Mail an die Kreativgewerke (Kostümbild, Bühnenbild, Maskenbild, usw.), die Regieassistenz und alle weiteren Adressaten verschickt.

Die einzelnen Gewerke erstellten dann ihre Drehbuchauszüge mit Excel oder mithilfe von Wordvorlagen. Die Regieassistenz verwendete ein eigens dafür entwickeltes Programm, um dort Szenen und alle notwendigen Details für die Drehplanung einzutragen. Anschließend nutzte die zweite Regieassistenz oder eine Koordinationsstelle Microsoft Word, um aus den Drehplanungsdaten händisch Tagesdispositionen abzuleiten und diese an Stab und Besetzung wiederum via E-Mail zu senden.

Der Besetzungsbereich im Yamdu-Projekt.
Der Besetzungsbereich im Yamdu-Projekt.

Tatsächlich sind jedoch weder Drehbücher noch Drehplan niemals endgültig. Der Drehplan für jeden Drehbock wird sogar regelmäßig ein oder zweimal am Tag aktualisiert. Jede Neuerung löste bislang den erneuten Versand der PDF-Dateien aus, die dafür manuell erstellt werden mussten. Dieser Prozess bedeutete wenig überraschend einen hohen Arbeitsaufwand und band ein wesentliches Arbeitsvolumen, das eigentlich für andere kreative oder administrative Aufgaben vorgesehen war. Für Kopfschmerzen sorgte auch die Fehleranfälligkeit des Prozesses.

Wie jeder gute „Fabrikbesitzer“ suchten Geschäftsführer Jan Diepers und sein Herstellungsleiter Kai Pegel nach einer effizienteren Weise, ihre Großproduktion zu bewältigen. Zusammen mit Yamdu erdachten sie sich ein neues Fließband, um den altbekannten Prozess komplett neu zu gestalten.

2. Mit Yamdu zu effizienteren Abläufen

Diepers und seine Mitstreiter malten sich einen optimierten Prozess aus, in dem alle auf einer einzigen Cloud-Plattform arbeiten, sodass die Autoren und Autorinnen und die Gewerke näher zusammenrücken. Das Ziel war es, nichts mehr ausdrucken zu müssen und die Datensilos der einzelnen Departments aufzulösen, um effizienter zu arbeiten und die Fehleranfälligkeit, insbesondere in der Kommunikation zu reduzieren.

Yamdu stellt hierfür einen zentralen Speicherort für alle Produktionsdaten dar. Im Speziellen für das Drehbuch, die Auszüge der einzelnen Gewerke und die Herstellungsplanungsdaten.

Aufnahmeleiter Eberhard Grün plant die Drehblöcke direkt in Yamdu.
Aufnahmeleiter Eberhard Grün plant die Drehblöcke direkt in Yamdu.

Ein wesentliches Ziel bei der Entwicklung von Yamdu war die Zugänglichkeit für alle Beschäftigten der Filmindustrie - unabhängig ihrer Erfahrung im Umgang mit technischen Hilfsmitteln. Deshalb wurde Yamdu als Browseranwendung entwickelt, sodass keinerlei Software installiert werden muss. Dank der responsiven Benutzeroberfläche kann es mit allen Geräten, die über einen modernen Browser verfügen, bedient werden.

Auf ihrem Startbildschirm sehen die Projektmitglieder von Rote Rosen einen allgemeinen Überblick mit Neuerungen im Projekt und bevorstehenden Aufgaben. Jeder sieht nur die Bereiche der Anwendung, die für seine jeweilige Rolle im Projekt erforderlich sind. Beispielsweise können Departmentmitglieder aus dem Kostüm- oder Maskenbild die meisten (aber nicht alle) Informationen über Rollen und Schauspieler und Schauspielerinnen sehen, während jemand aus dem Bühnenbild hingegen auf alle Informationen über Motive und Drehorte zugreifen können. Außerdem weist Yamdu auf Änderungen und Konflikte hin, die behandelt werden müssen.

Die einzelnen Gewerke stellen Daten auf einer einzigen Cloud-Plattform zur Verfügung, wodurch Konsistenz über alle narrativen Elemente hinweg sichergestellt wird.

Ende 2023 wurde das letzte Puzzlestück des großen Ziels der Produktionsfirma Wirklichkeit, als die Autoren und Autorinnen der Serie ebenfalls auf Yamdu wechselten. Damit wurde auch der Beginn des Herstellungsprozesses erstmals direkt in der Cloud abgebildet, ohne den Umweg über einen Final-Draft-Import gehen zu müssen. Alle Blöcke, Folgen und Szenen können somit erstmals in der Cloud angelegt und geschrieben werden, wodurch alle Artefakte wie Requisiten oder Motive immer wieder verwendet werden können. Treatments und Drehbücher können kommentiert und sofort gemeinschaftlich überarbeitet werden. Anstatt via E-Mail werden die Drehbücher nun fortwährend in Yamdu zur Verfügung gestellt, wodurch der gesamte Stab bei jeder Änderung sofort mit der aktuellen Version arbeiten kann.

Sabrina Hömberg und ihre Kollegin markieren eine neue Drehbuchfassung um Auszüge in Yamdu zu erstellen.
Sabrina Hömberg und ihre Kollegin markieren eine neue Drehbuchfassung um Auszüge in Yamdu zu erstellen.

Obwohl die Drehbuchversionierung von Yamdu gehandhabt wird, ist der Prozess ausreichende flexibel, um Autoren und Autorinnen dennoch die Arbeit mit Final Draft zu ermöglichen, beispielsweise, wenn beim Schreiben keine Internetverbindung zur Verfügung steht. Wenn eine neue Version von Final Draft in Yamdu importiert wird, können alle Departments sofort mit den Auszügen beginnen. Änderungen können dennoch weiterhin auch im umfangreichen Editor von Yamdu erfolgen und sogar nach Final Draft exportiert werden. Der FDX-Export enthält alle Versionen und Änderungen des Drehbuchs sowie die markierten Elemente der Auszüge aus Yamdu. Beispielsweise können Bilder aus Planungsgründen in mehrere Unterbilder aufgeteilt werden (z.B. 2A, 2B, 2C) oder Nennungen des gleichen Objekts unter verschiedenen Namen verschmolzen werden (z.B. wenn Bahnhof und Hauptbahnhof identisch sind).

Autoren und Autorinnen können nun Motive oder Rollen aus der gleichen Bibliothek beziehen wie alle kreativen Gewerke oder die Drehplanung. Das System bietet außerdem Statistiken, anhand derer sichergestellt werden kann, dass die wichtigsten Ressourcen so effizient wie möglich genutzt werden. Nur so können mehrere Units gleichzeitig bis zu 28 Bilder am Tag abdrehen.

Änderungen an Objekten lösen automatisch Benachrichtigungen darüber aus. Z.B. werden alle Stabsmitglieder benachrichtigt, wenn sich der Drehplan ändert und ihre Daten, wie Day-Out-Of-Days-Berichte werden gleichzeitig aktualisiert. Dadurch sieht beispielsweise das Bühnenbild nicht nur alle Motive und Drehorte, sondern auch die Requisiten, die für eine bestimmte Kombination aus Motiv, Bild und Drehtag benötigt werden.

Diese Beispiele zeigen, wie sehr Yamdu darauf fokussiert ist, innovative Arbeitsabläufe zu unterstützen, um möglichst viele Aspekte der Vision 2030 Praktikern bereits heute zu bieten.